Ripples

January 7th, 2025

eat-girls – Area Silenzio
Able Noise – High Tide
Guests – I Wish I Was Special

Amélie Guillon, Elisa Artero und Maxence Mesnier aus Lyon machten während der Pandemie mit den verordneten Lockdowns das Beste aus der misslichen Situation und gründeten eine Band: eat-girls. Zeit zum Ideen sammeln und Inspiration in den digitalen Musikarchiven zu finden hatten sie. Das Trio fand letztere wohl vor allem im Sound der sich unterkühlt gebenden, retro-futuristischen New Wave – Bands der Früh-1980er Jahre. Die subtil dahinschlurfenden Synthie-Linien, der kristallene Sound der Gitarre, der dubbige Bass und der zurückhaltende Gesang, wahlweise in Französisch, Englisch oder Spanisch – kleiden die meisten Songs in ein verführerisch-melancholisches Gewand, denen der Geist von Bands wie Fall Of Saigon, Delta 5 oder Thierry Müllers Pop-Projekt Ruth innewohnt; der Chorgesang lässt manchmal sogar die unheilvolleren Momente von This Heat wiederaufleben. Die schnelleren Songs, mit dem eckig-minimalistischen Beat der Drummachine unterlegt, locken den einen oder anderen vielleicht sogar auf den Dancefloor. So verführerisch das klingen mag, ist es doch auch verwunderlich, dass man sich als junge Band ganz und gar einer Zeit und einem Nischengenre verschreibt, das über vierzig Jahre alt ist.
eat-girls wirken als Gesamtpaket wie direkt aus einer Londoner Art-School 1980 entsprungen und mit einer französischen très cool-Attitüde versehen. Dagegen ist prinzipiell natürlich nichts einzuwenden.

Die Niederländerin George Knegtal und der in Glasgow verortete Grieche Alex Andropoulos lernten sich an der Kunsthochschule in Den Haag kennen, wo Knegtal Fotographie und Andropoulos Skulptru studierte. Ihre eigentliche Leidenschaft, die Musik, mündete dann im Duo Able Noise. Nach verschiedenen Kassetten und zahlreichen Liveauftritten ist High Tide nun ihr Debut-Album, bei dem die geographischen und musikalischen Einflüsse der offenen und befreundeten Off-Stream- Communities in Den Haag, London, Glasgow und Athen ihre Spuren hinterlassen haben.

 

 


George Knegtal (Guitar, Drums, Gesang) und Alex Andropoulos (Drums, Gesang) pflegen auf dem hervorragenden Album eine ausgeprägte Vorliebe für das immer wieder spannende Wechselspiel von Disharmonie und Wohlklang, aber auch die britischen post-rockigen Sound-Ästheten von Pram, Bark Psychosis oder – die Zeitgenossen vom Tara Clerkin Trio haben wohl tiefere Spuren hinterlassen. Die befreundeten Musiker – Ion Alexandropoulos, Sotiris Ziliaskopoulos, Alex McKenzie, Magdalena McLean, Oliver Hamilton – beteiligen sich subtil mit Violine, Klarinette, Saxophon und Gitarren an der Feingestaltung des Albums.
Tape-Manipulation lassen manche Stücke wie der Opener To Appease immer wieder wie in der Zeit verharren, bevor das Stück sich dann in eine andere Richtung weiterbewegt und die Irritation dann vollständig ihren Lauf nimmt. Mit erstaunlicher Gelassenheit konstruieren Able Noise experimentell-anmutende, aber auch im Kern beinahe klassische Songstrukturen, die beim Wiederhören immer wieder Neues entdecken lassen. Distortion und Harmonie, Gitarrenparts, die manchmal an die großen Meister dieses Genres (Fahey, Basho) anknüpfen, bevor man sich wieder wie auf einem schwankenden Schiff fühlt, wenn die Geschwindigkeit des Songs ins Wanken gerät, sich beschleunigt oder verlangsamt, man leicht somnambulant in den faszinierenden Klanglandschaften umherirrt.

Jessica Higgins und Matthew Walkerdine sind auch irgendwie aus der Zeit gefallen, und das aus Prinzip! In der Glasgower DIY-Szene sowohl in der Kunst, als Publizisten von Independent Magazinen und nicht zuletzt in Bands wie Mordwaffe und Vital Idles aktiv, überraschen sie nun als das Duo Guests.

 

 

Als sympathische Trendverweigerer und von einem anarchisch-frechen Geist beseelt kann ein Album wie I Wish I Was Special nur aus Großbritannien kommen.
Mit Hilfe von Billigelektronik, Samples von Filmszene, verwaschen klingende Field Recordings – aufgenommen in Brüssel und Glasgow, Amsterdam – Spoken Words, Gesang und jede Menge Instinkt montieren sie klassische Song/Sound-Collagen, die abwechselnd persönlich, surreal, ironisch, alltäglich oder alles zusammen sein können. Was zuerst wie die sanfte Kakaphonie eines ungenau eingestellten früheren analogen Kurzwellensenders klingen mag, setzt sich unbemerkt in den Gehirnwindungen fest und entfaltet neben den dronigen Loops nach und nach auch seine Pop-Hooks.

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best of 2024

January 3rd, 2025

Music

Guests – I Wish I Was Special


 

Able Noise – High Tide


 

Chlothilde – Cross Sections


 

Polido – Hearing Smoke


 

Kim Gordon – The Collective


 

Rosso Polare – Campo Amaro


 

Die Nerven – Wir Waren Hier


 

J Dilla – Donuts


 

Brigitte Fontaine – Pick Up


 

Maria Reis – Suspiro


 

Blur – The Ballad of Darren


 

Ana Lua Caiano – Vou Ficar Neste Quadrado


 

Brighde Chaimbeul – Carry Them With Us


 

Sega Bodega – Dennis


 

Laura Cannell – The Rituals Of Hildegard Reimagined


 

Jahari Massamba Unit – YHWH Is Love


 

Carme López – Quintela


 

Jungle – Volcano


 

Charli XCX – Brat


 

Film/TV

Bertrand Bonello – La Bête


 

Payal Kapadia – All We Imagine As Light


 

Andrew Haigh – All of Us Strangers


 

Richard Gadd – Baby Reindeer


 

Miguel Gomes – Grand Tour


 

Alain Guiradie – Miséricorde


 

Nic Pizzolatto – True Detective: Night Country


 

Chantal Akerman – Retrospektive


 

Rachel Kondo, Justin Marks – Shōgun


 

Todd Haynes – May December


 

Rodrigo Moreno – Los Delincuentes


 

Patricia Highsmith, Steven Zailian – Ripley


 

Thierry De Peretti– À Son Image


 

Victor Erice – Close Your Eyes


 

Donald Glover, Francesca Sloaney – Mr. & Mrs. Smit


 

Books

Paul Simpson – Revolutionary Spirit


 

Toni Tulathimutte – Rejection


 

Arthur Nersesian – The Fuck-Up


 

 Joseph Roth – Das Spinnennetz


 

Dagmar Herzog – Cold War Freud


 

Roderick Beaton – Ελλάδα, Βιογραφία ενός σύγχρονου έθνους


 

Mariana Enriquez – Um lugar luminoso para gente sombria


 

Orhan Pamuk – Das Museum der Unschuld


 

Eleanor Catton – Birnam Wood


 

Roberto Bolaño – 2666


 

Matrix – Making Space: Women and the Man Made Environment


 

Nicole Flattery – Nothing Special


 

Sally Rooney – Intermezzo


 

Valdemar Cruz – Paisagens Construidas


 

Phil Mailer – Portugal, Die unmögliche Revolution


 

Patti Smith – Just Kids


 

Philipp Lenhard – Café Marx, Das Institut Für Sozialforschung


 

Lion Feuchtwanger – Die Geschwister Oppermann


 

Cathi Unsworth – Bad Penny Blues